Am Freitag, den 13. Oktober 2017 fanden wir uns zum Informationsnachmittag im Diakonissenkrankenhaus in Flensburg ein.
Deutschlands dänischste Stadt zeigte sich an diesem Tag von ihrer besten Seite. Die Sonne strahlte von einem wolkenlosen, blauen Himmel.
Dementsprechend gut war auch die Resonanz auf die Einladung zu unserem Gesprächskreis. Her PD Dr. med. Jörn Schattschneider, Leitender Oberarzt der Neurologischen Klinik und Facharzt für Neurologie, Weiterbildung spezielle neurologische Intensivmedizin, sah sich einer interessierten Gruppe von Teilnehmern gegenüber, die darauf wartete ihre Fragen zum gewählten Thema „Neuropathischer Schmerz“ stellen zu dürfen.
Die Diagnostik und Therapie der Klinik für Neurologie in Flensburg umfasst das komplette Spektrum neurologischer Erkrankungen.
Seit 2011 arbeitet die Neurologische Klinik in einem neu gegründeten „Neurozentrum“ mit anderen Disziplinen wie der Neurochirurgie und der Neuroradiologie zusammen. Eines der Spezialgebiete der Neurologie in Flensburg ist auch die Behandlung von Bewegungsstörungen neuro-muskulärer Erkrankungen.
Zum „neuropathischen Schmerz“ ist zunächst einmal festzustellen, dass in Deutschland sechs Prozent der Bevölkerung darunter leiden. Das sind immerhin nahezu fünf Millionen Menschen. Mindestens ein Fünftel von ihnen ist gar nicht oder nur ungenügend therapiert. Um ihre Schmerzen in den Griff zu bekommen konsultieren viele Betroffene unentwegt Ärzte der verschiedensten Fachrichtungen. Eine Studie aus den USA zeigt allerdings auf, dass selbst unter den Neurologen nur knapp ein Drittel solche neuropathischen Schmerzen sicher diagnostizieren können.
Neben Kopf- und Rückenschmerzen gehören Nervenschmerzen jedoch zu den häufigsten chronischen Schmerzen. Sie entstehen durch Schädigungen oder Erkrankungen von Nervenstrukturen. Leider gibt es kein einheitliches Beschwerdebild, das macht die Diagnostik eben oft sehr schwer. Die einzelnen Symptome müssen genau analysiert werden.
Dies lässt sich beispielsweise gut mit der Quantitativ Sensorischen Testung (QST) durchführen. Dazu macht man Tests und zwar direkt dort wo das Hautareal betroffen ist. So lässt sich ein individuelles Sensibilitätsprofil erstellen, das Rückschlüsse auf die Nervenschädigung ermöglicht.
Die Therapie des neuropathischen Schmerzes umfasst in erster Linie die Behandlung der zugrundeliegenden Ursache, das Erreichen der Schmerzfreiheit durch medikamentöse und nicht-medikamentöse Methoden und die Schmerzbewältigung. Beginnt man damit bereits in der Akutphase, lässt sich unter Umständen erreichen, dass der Schmerz nicht chronisch wird.
Wenn Medikamente zum Einsatz kommen sind es nicht die typischen Arzneien, wie wir sie häufig in unserer Hausapotheke vorfinden. Dazu gehören Ibuprofen, Diclofenac oder Paracetamol. Sie wirken bei Nervenschmerzen meist nicht.
Mehr Beschwerdefreiheit erzielt man dagegen mit Opioiden und Medikamenten, die auch bei Epilepsie und Depressionen eingesetzt werden.
Auch Lokalanästhetika oder Capsaicin, der Wirkstoff der Chilischote, können den Nervenschmerz lindern. Oft ist es aber nur die Kombination dieser genannten Medikamente, die eine Besserung der Beschwerden möglich macht. Das muss letztendlich jeder Patient ganz für sich selber herausfinden.
Eine völlige Schmerzfreiheit erlangen die meisten Betroffenen dennoch fast nie. Wenn eine Reduzierung der Schmerzen von etwa dreißig bis maximal fünfzig Prozent erreicht wird, ist das realistisch.
Zwanzig bis vierzig Prozent der Patienten sprechen sogar fast gar nicht auf die medikamentöse Therapie an oder haben mit unangenehmen Nebenwirkungen zu kämpfen. Dann können alternative Therapien zum Einsatz kommen.
Dazu gehören:
- die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS),
- Physio- und Ergotherapie,
- Psychotherapie.
Schmerzlindernd wirken auch Cannabinoide. Der medizinisch wirksame Bestandteil der Hanfpflanze bietet neue Perspektiven in der Schmerzbekämpfung. Das Suchtpotential ist sehr gering. Gerade bei neuropathischen Schmerzen entfaltet der Wirkstoff seine besondere Wirkung. Eine völlige Schmerzfreiheit zu erhoffen ist jedoch eher unrealistisch.
Generell hat es sich als sehr hilfreich erwiesen ein Schmerztagebuch zu führen. Dort sollten die Stärke der Schmerzen, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen eingetragen werden.
In spezialisierten Schmerzzentren werden alle diese genannten Therapien und viele weitere Aspekte berücksichtigt und miteinander kombiniert. Zum Einsatz kommen somit neben medizinischen und medikamentösen Maßnahmen auch psychologisch-verhaltenstherapeutische Verfahren und eine Bewegungstherapie.
Nicht zuletzt haben die Angehörigen des Schmerzpatienten begleitend einen großen Einfluss auf den Zustand des Betroffenen. Aufmunternde Worte, Verständnis und Unterstützung sind sehr hilfreich und können viel Positives bewirken.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Herrn PD Dr. med. Schattschneider für seine informativen Ausführungen und die Beantwortung zahlreicher Fragen.
Ein nett angerichtetes Catering erfreute uns.
Herzlichen Dank hierfür.
Vielen Dank auch an Frau Berger, die für den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung sorgte.
Sabine Nett, Schriftführerin
Heinz-Dieter Campa, 2. Vorsitzender