Themen: Formen der CIDP, Reha des GBS und Impfung gegen SARS-CoV-2

Am 09. März luden wir, die Deutsche GBS CIDP Selbsthilfe wieder zum Online-Patiententreffen ein, zu dem wir als Ansprechpartner Prof. Dr. med. Yoon und als Gastzuhörerin Frau Prof. Dr. med. Zietz begrüßen konnten. Viele Teilnehmer waren online zugeschaltet und einige hatten vorher ihre Fragen eingereicht.

Hier lesen Sie eine Zusammenfassung des Meetings:

Krankheitsbild: asymmetrisch verlaufende CIDP

Die Betroffene klagt über eiskalte Füße und eine ausgeprägte Hitze in einem Bein, verbunden mit starken Schmerzen, vor allem in Ruhe. Sie berichtet über Besserung der Beschwerden bei Bewegung.

Antwort von Prof. Dr. med. Yoon:

Er empfiehlt zunächst die Entzündung zu behandeln. Dies könnte mit einer Kortisonbehandlung erfolgen. Er merkte an, dass ein gestörtes Temperaturempfinden ein ungewöhnliches Symptom der chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) ist. Da die Patientin Besserung bei Bewegung angab, empfahl er die Überprüfung auf das Krankheitsbild „Restless-leg-Syndrom“. Dies könne bei Polyneuropathien entstehen. Behandelt werden könne dies durch spezielle Pflaster, die vom Neurologen verschrieben werden müssen.

Krankheitsbild: GBS vor 30 Jahren

Die nächste Teilnehmerin des Meetings hatte eine Frage zur COVID-19 Impfung. Ihr Guillain-Barré-Syndrom (GBS) Ausbruch liegt 30 Jahre zurück und sie möchte wissen, ob sie sich impfen lassen sollte.

Antwort von Prof. Dr. med. Yoon:

Er empfiehlt die Impfung. Egal um welche Impfstoffe es sich handelt, ist die Impfung der beste Schutz in der Pandemie.

Krankheitsbild: GBS 2018, erneutes Ereignis 2020

Ein Teilnehmer berichtet über sein 2018 schwer verlaufendes GBS, das mit Immunglobulinen behandelt wurde. Danach fand eine 12-monatige Rehabilitation statt. 2020 trat ein erneutes Ereignis auf, das wiederholt einen Krankenhausaufenthalt notwendig machte. Diesmal erfolgte keine Behandlung mit Immunglobulinen. Der Patient konnte das Krankenhaus nach zwei Wochen am Rollator gehend verlassen. Geschieht dies häufiger?

Antwort von Prof. Dr. med. Yoon:

Man sollte sorgfältig schauen ob vielleicht der sehr seltene Fall eines zweiten GBS vorliegt oder ob seit 2018 eine akut verlaufende CIDP besteht. Er empfiehlt eine Wiedervorstellung bei Fachärzten.

Krankheitsbild:  Zustand nach GBS vor 8 Monaten, 30 Jahre alte Patientin

Die Teilnehmerin stellt die Frage, ob sie noch mit einer Besserung der Beschwerden rechnen könne. Ihre Füße seien noch eiskalt und sie klagt noch über Gangunsicherheit.

Antwort von Prof. Yoon:

„Mit dreißig Jahren wünscht man sich einen schnelleren Fortschritt. Aber heute, weniger als ein Jahr nach Ausbruch der Krankheit, ist noch nicht das Ende der Therapie erreicht. Die Entwicklung der Fortschritte beginnt schleppend, dann folgt ein rapider Anstieg und anschließend geht es schleppend weiter“. Dies wird von einem Teilnehmer unterstrichen, der sich heute, 24 Monate nach Krankheitsbeginn, in der beruflichen Wiedereingliederung mit vier Stunden täglich befindet. Er erwartet einige Restdefizite ist aber der Meinung, dass da noch mehr geht.

Jeden Tag gehe es weiter aufwärts.

Krankheitsbild: CIDP im Verlauf eher schubförmig

Der Teilnehmer berichtet, dass es innerhalb von drei Wochen zwischen den Dosen immer wieder zu Verschlechterungen kommt. Vor und nach der Infusion sind die Einschränkungen deutlich. Diese Verschlechterungen bilden sich in den Zyklen nicht mehr vollständig zurück.

Antwort von Professor Yoon:

„Vielleicht muss man über eine ergänzende Therapie oder eine alternative Therapie nachdenken. Nicht bei jedem Betroffenen kann eine Therapie zu Symptomfreiheit führen. Eventuell kann auch an eine subkutane Therapie gedacht werden. Vorher muss jedoch die richtige Dosis gefunden werden“.

Eine Teilnehmerin bestätigte ihre positiven Erfahrungen bezüglich der Umstellung auf subkutane Verabreichung der Immunglobuline.

Weiterhin gab es verschiedene Fragen zu den Impfstoffen von Biontech und Pfizer sowie AstraZeneca.

Prof. Yoon betont, dass er zur Frage „Welcher Impfstoff ist für mich richtig?“ keine Empfehlung geben kann, sondern dass Folgendes nur seine Meinung ist: Die Zahlen aus den Gebieten, in denen schon viel geimpft wurde, zeigen, dass durch die Impfung die Anzahl der Menschen mit schwerem Krankheitsverlauf zurückgegangen ist. Auch bei älteren Menschen gibt es ausreichenden Schutz gegen diese schweren Krankheitsverläufe. Arbeiten aus Israel zeigen, dass bei der Verabreichung von mRNA Impfstoff die Weitergabe des Virus durch geimpfte Personen größtenteils verhindert wird. Die Daten zu Biontech suggerieren eine höhere Wirksamkeit. Die alltägliche Beobachtung zeigt aber, dass AstraZeneca auch im höheren Lebensalter hilft. Die ständige Impfkommission (STIKO) wird die Empfehlungen daher anpassen. „Wir haben nichts anderes als die Impfung, um zukünftig ein halbwegs normales Leben führen zu können“, betont Herr Professor Yoon.

Nach Meinung von Herrn Professor Yoon ist in der Phase einer Impfstoffknappheit eine Bewertung des Impfstoffs nicht angesagt. Der Vorteil beim Vektorimpfstoff von AstraZeneca ist, dass es mehr Erfahrungen in der Anwendung dieser Impfstoffart zum Beispiel bei Ebola gibt. Es gibt bei allen zugelassenen COVID-19 Impfstoffen keinen Hinweis auf einen GBS Auslöser. Alle zugelassenen Impfstoffe seien gleich empfehlenswert. Seiner Ansicht nach werden die Impfempfehlungen zu Altersgruppen etc., wie anderes auch im Verlauf der Pandemie, ändern.

Impfung unter Immunsuppression:

Prof. Dr. med. Yoon:

„Es ist noch nicht bekannt, wie die Impfstoffe bei chronisch Erkrankten unter Therapie wirken. So ist bei Patienten unter Chemotherapie nach der Impfung eine geringere Impfantwort zu beobachten. Bei einer Therapie mit Immunglobulinen ist diese Erkenntnis jedoch nicht relevant, da die Immunglobuline das Immunsystem nicht unterdrücken. Aber bei Menschen mit CIDP, die Cortison oder eine Therapie zur Immunsuppression erhalten, ist es möglich, dass kein ausreichender Schutz hergestellt wird“. „Junge Multiple Sklerose Patienten werden nach der Impfung auf die Wirksamkeit kontrolliert, indem man den Impftiter bestimmt“. 

Impfen unter Therapie mit Rituximab:

Prof. Dr. med. Yoon:

„Bei der Behandlung mit diesem Klassiker der Immunsuppression wird die B-Zellreifung beeinflusst. Das Heranreifen der B-Zellen wird gebremst. Plasmazellen produzieren Antikörper. Rituximab reduziert die Impfantwort. Ein weiterer Effekt programmiert das Immunsystem um. Die Antigenpräsentation findet nicht statt. Die Abwehrzellen, die das Antigen präsentieren, tun dies nicht. Welche Auswirkung dies auf die Impfung hat, wissen wir nicht“.

Herr Professor Yoon wies abschließend ausdrücklich darauf hin, dass eine Impfung nie während einer aktiven Krankheitsphase, z.B. GBS im akuten Stadium oder einem Schub bei CIDP, durchgeführt werden sollte.

Nach der Fragerunde folgte ein weiterer Austausch untereinander. Dabei ging es unter anderem um die Nachfrage zur Diagnostik bei einer Polyneuropathie und der Erfahrung mit einem Arzt, der statt genauerer Untersuchung zu Entspannung rät. Der Teilnehmerin wird empfohlen eine gründliche Diagnosestellung bei Fachärzten einzuholen.