Eine neue Variante der tiefen Hirnstimulation (THS) hat in einer ersten Studie die Schmerzen bei mehreren Patientinnen und Patienten mit langer Schmerzanamnese gelindert. Bei dieser neuen Form der THS wird zunächst mit mehreren intrakraniellen Elektroden nach den an der Schmerzverarbeitung beteiligten Zentren gesucht. Erst nach dem Eintreffen von Schmerzsignalen werden diese dann später über permanente Elektroden stimuliert. In einer Pilotstudie erhielten die Patientinnen und Patienten zunächst 8 temporäre Elektroden in verschiedenen Hirnregionen vorgeschoben (plus 2 oberflächige Elektroden über dem sensorischen und motorischen Cortex). Diese gaben dann über 10 Tage probeweise elektrische Impulse ab. Außerdem wurden die mit den Schmerzreizen verbundenen EEG-Signale über die Elektroden registriert. Bei einer 2. Operation erhielten die Studienteilnehmenden dann auf beiden Hemisphären jeweils 2 permanente Elektroden: eine Elektrode zur gezielten Stimulierung des individuellen Schmerzzentrums, die andere zur Registrierung der individuellen Schmerzsignale.
Das Ziel war, die Hirnstimulation nur dann zu aktivieren, wenn die Patienten Schmerzen hatten. Dies sollte vermeiden, dass die Wirksamkeit der tiefen Hirnstimulation mit der Zeit nachlässt, was bei der konventionellen Hirnstimulation häufig der Fall ist. Um eine Placebo-Wirkung auszuschließen, wurden die Elektroden zeitweise ausgeschaltet – ohne dass die Patientinnen und Patienten dies wussten. Primärer Endpunkt der Studie war die Entwicklung der Schmerzen auf einer visuellen Analogskala von 0 bis 100 mm. Es kam bei 5 der 6 Studienteilnehmenden zu einer deutlichen Linderung der Schmerzen, die allerdings von Fall zu Fall zwischen 20 mm und 60 mm schwankte – sich aber deutlich von den Schmerzen während der Scheinstimulierung unterschied. Bei dem 6. Patienten erzielte die Behandlung keine Wirkung. Bei den anderen 5 Teilnehmenden hielt die Wirkung bisher über 2 bis 3,5 Jahre an. Die 2-malige Operation und die Implantation mehrerer Elektroden erhöhten indes das Komplikationsrisiko.
Freitag, 29. August 2025/Deutsches Ärzteblatt